Behindertenbeauftragter des Landes NRW zu Gast im St. Marien am Voßbach

Enniger/ 08.02.2011

Auf Einladung des Fördervereins St. Marien am Voßbach referierte der Behindertenbeauftragte des Landes NRW, Norbert Killewald, zum Thema „Gleichberechtigte Teilhabe für alle“ in der Wassermühle des St. Marien am Voßbach.

Als weiterer Redner war der Bürgermeister der Stadt Ennigerloh, Berthold Lülf, der auch Mitglied im Förderverein ist, mit auf dem Podium.

Eingeladen waren Bürger, die sich hauptamtlich wie ehrenamtlich für Menschen mit Behinderungen einsetzen. Die 1. Vorsitzende Marion Schmelter wies ausdrücklich bei der Begrüßung darauf hin, das es nicht darum geht Behinderteneinrichtungen, Förderschulen, Behindertenwerkstätten und andere Einrichtungen in Abrede zu stellen, sondern, dass das Thema Inklusion bei uns allen gefragt ist.

Norbert Killewald sprach in seinem Referat „Gleichberechtigte Teilhabe für alle“ an, dass die Gleichberechtigung für behinderte Menschen erst am Anfang eines Langstreckenlaufs steht, man aber noch lange nicht am Ziel sei. In NRW gibt es rund 2,3 Millionen Menschen mit Behinderungen, davon gelten 1,6 Millionen als Schwerbehinderte.

Mit der UN Behindertenrechtskonvention wurde ein Schlusspunkt unter wohlgemeintes Gutmenschentum ohne konkrete Folgen und den noch weit verbreiteten Fürsorgegedanken gesetzt. Die jetzt verbindlich geltende Inklusion bedeutet Kommunikation und Teamarbeit sowie einen offenen und gleichberechtigten Umgang von Menschen mit und ohne Behinderung.

Zu diesem fairen Miteinander gehört, dass in der Behindertenpolitik erreichbare Ziele gemeinsam erarbeitet und konsequent umgesetzt werden. Wir brauchen lebensnahe Lösungen, die alle Menschen mit einbeziehen und ihnen gerecht werden.

Dieser Weg kann und muss mit Beteiligung der Betroffenen, den zuständigen Einrichtungen, Selbsthilfeverbänden, Kommunen und Anderen vor Ort geschehen. Norbert Killewald schlug vor, dass Zielvereinbarungen mit den Verwaltungen von Städten und Gemeinden besprochen werden sollen, die dann an den Behindertenbeauftragten geschickt werden. Veränderungen können allerdings nur in kleinen Schritten vollzogen werden. auch müssen bei Veränderungen vor Ort immer alle Behinderungen berücksichtigt werden. So kann die Absenkung von Bürgersteigen für Rollstuhlfahrer eine enorme Erleichterung sein, aber für Blinde Menschen ein Problem darstellen.

Wie einfach und unkompliziert allerdings Veränderungen vollzogen werden können, stellte Bürgermeister Berthold Lülf an einem Beispiel dar. Ein schwerhöriger Jugendlicher meldete sich bei ihm und berichtete über sein Problem, dass er das Kino in Ennigerloh nicht besuchen könne. Berthold Lülf sprach daraufhin einen Elektrofachmann aus Ennigerloh an, der sofort eine Lösung fand. Inzwischen gibt es eine Ringschleifenanlage im Kino der Alten Brennerei, die auch von weiteren Menschen mit Hörproblemen genutzt werden kann.

Mit wenig Aufwand ist oft viel zu erreichen, man muss es einfach nur tun, so Lülf.

In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmern wurde mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig zwar die Politik in diesem Prozess der Veränderungen ist, aber ebenso wichtig die selbstverständliche Einbeziehung der Menschen mit Behinderungen in den Alltag unserer Gesellschaft. „Barrieren müssen auch in unseren Köpfen abgebaut werden“ so ein Teilnehmer. Da sind alle Bürger gefragt.

Der Vorsitzende des Behindertenbeirates aus Ahlen, Friedel Paßmann, berichtete über Erfolge, die dort mit engagierten Menschen erreicht wurden und wünschte sich in jeder Stadt einen Behindertenbeirat, der sich für die Belange der behinderten Menschen einsetzt.

Der Heimleiter des Christophorus Haus in Ennigerloh, Manfred Lensing, bemängelte die oft zu strengen Gesetze für die Behinderteneinrichtungen, die teilweise kaum umsetzbar sind und die wirklichen Aufgaben der Betreuung behindern.

Die angeregte Diskussion zeigte, wie viele Fragen die Teilnehmer an den Behindertenbeauftragten hatten. Er machte allen Mut sich weiterhin engagiert für die Belange der Menschen mit Behinderungen einzusetzen und ihre Wünsche, Forderungen und Vorschläge an die Politik zu geben. Ein Ergebnis kann nur mit Beteiligung der Menschen vor Ort zustande kommen.

Zum Schluss der Veranstaltung hatte der Bürgermeister Berthold Lülf noch eine Vision – „ Für die Abschaffung der Wehrpflicht sollte es ein soziales Pflichtjahr für jeden jungen Menschen“ geben, dafür erhielt er großen Beifall.

Marion Schmelter bedankte sich im Namen des Fördervereins und des St. Marien am Voßbach bei Norbert Killewald und hofft, dass mit dieser Veranstaltung weitere kleine Schritte zum „Langstreckenlauf“ angestoßen wurden.